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Wussten Sie schon, dass die Qualität von Eltern-Kind-Beziehungen „vererbt“ wird?

Januar, 2018

Die Soziologie befasst sich seit langem mit der Vererbung sozialer Ungleichheiten (z.B. Bildungschancen) von einer Generation zur nächsten. Ebenso konnte die demographische Forschung zeigen, dass sich z.B. das Geburtenverhalten oder Scheidungsrisiken der Elterngeneration auf entsprechende Verhaltensweisen der Kinder auswirkt. Bislang kaum untersucht wurde jedoch die für die Familienforschung relevante Frage, inwieweit auch die Qualität von Eltern-Kind-Beziehungen „vererbt“ wird.

Diesem Thema ist ISS-Forscher Karsten Hank zusammen mit Veronika Salzburger und Merril Silverstein in einer Untersuchung auf Basis des Beziehungs- und Familienentwicklungspanels pairfam nachgegangen. Die Autoren nutzten dabei das so genannte Multi-Aktor-Design des pairfam, das es erlaubt, Informationen über drei Generationen in einer Familie auszuwerten: die jüngste Generation von Kindern, die zum Befragungszeitpunkt 16-18 Jahre alt waren, berichtet hier über die Beziehungsqualität zur mittleren Generation, und diese gibt Auskunft über die Qualität ihrer Beziehung zur ältesten Generation. Konkret wurden drei Dimensionen der Beziehungsqualität betrachtet: die emotionale Nähe, die Konflikthäufigkeit, und die Ambivalenz (also die Gleichzeitigkeit von Nähe und Konflikten).

Die Studie zeigt, dass wenn größere emotionale Nähe, häufigere Konflikte und ein höheres Maß an Ambivalenz zwischen Eltern und Kindern in der älteren Generation beobachtet werden, sich dieses Muster in der gleichen Familie überzufällig häufig auch in den Eltern-Kind-Beziehungen der jüngeren Generation findet. Diesen Befund interpretieren die Autoren als Hinweis darauf, dass sich die Beziehungsqualität über Generationen hinweg „vererbt“. Weiterführende Analysen, die nach dem Geschlecht der Familienmitglieder differenzieren, deuten darauf hin, dass diese Art der intergenerationalen Transmission insbesondere von Großvätern ausgeht.

Während die geschlechtsspezifischen Befunde einer weiteren Klärung bedürfen, zeigt die Studie insgesamt, dass für ein umfassendes Verständnis von Eltern-Kind-Beziehungen eine Perspektive wichtig ist, die Familien als multigenerationale Systeme begreift.